03.07.2012, 11:31 Uhr

„Ja, ich bin Lobbyist“
Interview des DHB mit Frank Bommert, CDU-Landtagsabgeordneter und neuerdings Vorstandsmitglied der HWK Potsdam

Frank Bommert lebt in Kremmen/OT Sommerfeld, Kreis Oberhavel, ist 51 Jahre alt, evangelisch, hat einen Sohn, der im väterlichen Metallbaubetrieb tätig ist, wo insgesamt 6 Beschäftigte eine Anstellung haben.  

- Herr Bommert, Sie sind ein Landtagsabgeordneter, der nun im Vorstand einer Handwerkskammer mitarbeitet. Worin sehen Sie ihre Aufgabe? 

Soweit ich das überblicke, bin ich der einzige Unternehmer im Landtag. Und deshalb sehe ich mich als Lobbyisten. Für mich hat dieses Wort keinen schalen Beigeschmack. Ich stehe für das Handwerk und bemühe mich, seinen Interessen in der politischen Sphäre Gehör zu verschaffen. Aber das gilt auch umgekehrt. Aus meiner Sicht bringen sich die Kammern noch nicht genügend ein in der Politik. Darin sehe ich meine Aufgabe.

- Könnten Sie ein Beispiel dafür nennen, dass der Kammereinfluss zu gering gewesen ist? 

Bommert: Bei der Debatte um den  Mindestlohn beispielsweise hat das Handwerk leider nicht mit einer Stimme gesprochen. Das wäre aber wichtig gewesen, um Handwerker-Interessen wirklich durchzusetzen. Sonst bleibt alles beim Alten: Führende Politiker kommen zu unserem Sommerfest, sagen freundliche Worte, hören sich auch mal ein paar Probleme an und vergessen sie wieder, nachdem sie davongefahren sind. Uneinheitlichkeit unter den Handwerkern kommt diesem Stil noch entgegen.  Hier geht es um mehr Druck, um Beständigkeit und Nachhaltigkeit. Das setzt Bündelung voraus. 

- Gibt es weitere Gründe, warum Sie das vermissen? 

Bommert: Gezeigt hat sich die Notwendigkeit auch am Beispiel des Gesetzes zur kommunalen Daseinsvorsorge. Hier haben die Kammern gedacht, ein Protestbrief reicht, und alles geht seinen Gang. So war es aber nicht. Wenn – wie im Falle des Modulherstellers First Solar – 1.300 Menschen ihre Arbeit verlieren, erzeugt das Aufmerksamkeit und setzt Maßnahmen auch der Politik in Gang. Ich will das nicht kritisieren, aber wenn – vielleicht – die doppelte Zahl an Menschen im Handwerk ihre Arbeit verliert, dann erzeugt das - kaum Aufmerksamkeit. Das ist ein Ungleichgewicht. In Brandenburg gibt es rund 40.000 Handwerksbetriebe mit zusammen ca. 160.000 Beschäftigten. Das ist eine Riesenzahl, das ist die „Wirtschaftsmacht von nebenan“, wie es in der Handwerker-Imagekampagne richtig heißt. Brandenburg ist weniger ein Industrieland, mehr ein Handwerkerland. Politisch zeigt sich das noch nicht. 

- Liegt das vielleicht auch am Auftreten der Handwerker selbst? 

Bommert: Handwerker sind pragmatisch, auch sonst anders geprägt als eben Politiker oder Juristen. Unter den Handwerkern herrscht noch immer eine Mentalität nach der Methode, ein Mann ein Wort. Da gelten auch mündliche Zusagen und der Handschlag. Das aber kann gefährlich werden, und leider sind Handwerker dabei auch schon böse auf die Nase gefallen. Manchen kostete zu viel Vertrauensseligkeit die Existenz. Denn Gutgläubigkeit kann ausgenutzt werden. Mit meinem Metallbaubetrieb hatte ich auch schon Ausfälle, äußerst schmerzhafte, da bin ich ein gebranntes Kind.  

- Ist die Struktur der heutigen Kammern für Sie geeignet, die von Ihnen geforderte „eine Stimme“ hervorzubringen? 

Bommert: Natürlich kann das nur sehr perspektivisch sein, aber langfristig kommen wir wohl an der Fusion aller drei Kammern in Brandenburg zu einer großen nicht herum, das wäre einfach vernünftig. Aber es stimmt schon – da müssen sehr dicke Bretter gebohrt werden. Ich rechne da mit einem Prozess von 10 bis 15 Jahren. Eine landüberspannende brandenburgische Handwerkskammer könnte ja durchaus Regionalbüros unterhalten, die als Ansprechpartner in der Region dienen. 

- Inwiefern haben Sie in den fast drei Jahren Ihrer Abgeordnetentätigkeit Handwerkerinteressen im Landtag vertreten? 

Bommert: Aus der Opposition heraus ist das natürlich nicht ganz so einfach. Aber Anträge von uns sind schon – wenn auch abgewandelt - in die Gesetzgebung eingeflossen. Im Wirtschaftsausschuss gelingt es mitunter, unsere Elemente durchzusetzen. Beispiel: Gewerbeerlaubnis. Es ist sinnvoll, das die Erteilung bei den Kammern liegt und nicht erst die Fahrt nach Potsdam notwendig ist. Leider konnten wir uns aber mit unserem Antrag für ein eigenes Mittelstandsfördergesetz nicht gegen die rot-rote Landesregierung durchsetzen. Hier hat die Landesregierung aus meiner Sicht viel verschenkt. 

- Was liegt Ihnen denn für die Zukunft am Herzen? 

Bommert: In Brandenburg muss die Möglichkeit des dualen Studiums gestärkt werden. Wer einige Tage arbeitet und andere studiert, hat nicht nur mehr Geld in der Tasche, sondern auch eine Betriebsnähe, die der beruflichen Entwicklung gut tut. Hier muss das Wissenschaftsministerium mehr Möglichkeiten eröffnen. Wichtig erscheint mir auch, dass beispielsweise in der Schule stärker Wirtschaftsfragen den Schülern näher gebracht werden. Praktische und wirtschaftliche Fächer müssten stärker ausgebaut werden. Das sieht die Linke in der Regierung nicht ganz so. 

- Aber gab es nicht gerade in der DDR den „Unterrichtstag in der Produktion“, wo technisches Wissen und auch vergleichbar entwickelte technische Fertigkeiten vermittelt worden sind? 

Bommert: Einen solchen Trend würde ich nur begrüßen- Mehr Praxisnähe ist für mich ein ganz wichtiges Thema. Auch ich habe in meinem Unternehmen mitunter Praktikanten aus der Schule, und die haben von diesen Dingen wenig Ahnung, um nicht zu sagen gar keine. Es ist ganz wichtig, dass auch schon Jugendliche verstehen, wie ein Unternehmen funktioniert, wie in ihm die Abläufe sind. Oder auch den Unterschied zwischen einer GmbH und einem Einzelunternehmen. Sie sollten wissen, dass ein Unternehmer mit seinem Vermögen haftet. Das würde vielleicht ihr Bild vom Handwerk revidieren. 

- Was für ein Bild ist das denn? 

Na wenn man sich TV-Serien anschaut, dann ist das Bild des Handerkers dort oftmals leider kein Positives. Häufig wird er als Betrüger dargestellt, der es nur darauf abgesehen hat, den Kunden, den Bauherren, übers Ohr zu hauen. Natürlich gibt es auch im Handwerk schwarze Schafe, so wie überall. Aber das ist die absolute Minderheit. Gleichzeitig gibt es auch Beziehungen zwischen Chef und Mitarbeitern, die oft viel enger und persönlicher sind als in Großbetrieben. Ein Betriebsrat nimmt bestimmt nicht so viel Anteil am persönlichen Schicksal der Belegschaft wie ein Handwerksmeister. Da – und hier schließt sich der Kreis - verkaufen wir uns noch immer unter Wert.  

Das Gespräch führte Matthias Krauß