Mit Kandidaten aus allen Regionen des Landes und deutlich mehr Frauen in der Mannschaft will Brandenburgs CDU-Landeschef Senftleben in den Landtagswahlkampf aufbrechen. Doch die Delegierten des Landesparteitags durchkreuzen seine Pläne. Potsdam. Die Brandenburger CDU gibt ihrem Spitzenkandidaten für die bevorstehende Landtagswahl nur mäßige Unterstützung auf den Weg: Beim Landesparteitag in Potsdam wurde Landeschef Ingo Senftleben am Samstag mit einem mageren Ergebnis um 70 Prozent zum Frontmann des Wahlkampfs gekürt. Fast jeder Dritte der 118 Delegierten stimmte nicht für den 44-Jährigen. Eine Mehrheit verweigerte ihrem Landeschef zudem bei der Kandidatenliste für den Landtag auf wesentlichen Positionen die Gefolgschaft.
So bekamen die vom Vorstand auf den Plätzen 4 und 6 vorgeschlagenen Neueinsteigerinnen Karin Lehmann und Annett Polle von den Delegierten keine Mehrheit. Stattdessen wurden dort mit mehr als 60 Prozent der Stimmen der langjährige Landtagsabgeordnete und Mittelstands-Sprecher Frank Bommert und Bürgermeister André Schaller aus Rüdersdorf (Märkisch-Oderland) gewählt.
In seiner Bewerbungsrede hatte Bommert Senftleben dafür kritisiert, dass dieser eine mögliche Koalition mit der Linken nicht ausgeschlossen hat. "Ich kämpfe für diese CDU mit aller Kraft, aber nicht zusammen mit der Linkspartei", rief Bommert den Delegierten zu.
Der auf Platz 7 nominierte Landtagsvizepräsident, CDU-Urgestein Dieter Dombrowski, der seit 20 Jahren im Parlament sitzt, scheiterte gegen den Junge Union-Chef Julian Brüning, der bei seiner Gegenkandidatur ebenfalls auf 61,4 Prozent kam. Auch im zweiten Anlauf scheiterte Dombrowski im Kampf um Platz 20 gegen Jean Schaffer aus Brandenburg/Havel. Die vom Vorstand nominierte Neueinsteigerin Anja Schmollack unterlag bei Platz 19 dem Gegenkandidaten Franz Herbert Schäfer aus Groß Kreutz.
Senftleben zeigte sich am Rande des Parteitags angesichts dieser Rückschläge gefasst: "Ich habe Vorschläge gemacht, die Partei hat anders entschieden - das habe ich zu akzeptieren. Punkt." Mangelnde Geschlossenheit der Partei sah Senftleben nicht. "Wir haben in den letzten Jahren als CDU sehr geschlossen gezeigt, wie wir für dieses Land arbeiten wollen - und deswegen würde ich diese Arbeit der vergangenen Jahre nicht wegen eines Tages wegwischen lassen wollen."
Senftleben selbst erhielt 82 Ja-Stimmen der 118 Delegierten. 30 Delegierte stimmten mit Nein, 6 enthielten sich. Die Wahlleitung hatte bei der Berechnung des Stimmenanteils die Enthaltungen nicht berücksichtigt und kam auf eine Zustimmung von 73,21 Prozent. Mit den Enthaltungen kam Senftleben auf ein Ergebnis von rund 69,5 Prozent.
Senftleben hatte mit seinem Listenvorschlag CDU-Politiker aus allen 18 Kreisverbänden und mehr Frauen auf die vorderen Plätze der Liste bringen wollen. "Dieser Vorschlag ist so nicht angenommen worden - das bedauere ich", sagte Senftleben. "Ich werde mich trotzdem dafür einsetzen, dass sich mehr Frauen in der CDU Brandenburg in der Politik engagieren können."
Grünen-Fraktionschefin Ursula Nonnemacher nutzte die Gelegenheit, um für das verfassungsrechtlich umstrittene Paritätsgesetz zu werben, das eine rot-rot-grüne Mehrheit im Landtag durchgesetzt hatte. "Mit dem Paritätsgesetz wäre das nicht passiert", sagte Nonnemacher. Danach müssen Parteien von 2020 an bei Landtagswahlen gleich viele Männer und Frauen als Kandidaten auf ihren Landeslisten aufstellen.
Doch die CDU habe stattdessen wieder bisherige Mandatsträger gewählt, sagte Nonnemacher. "Das bestärkt uns in unserer Ansicht, dass es ohne gesetzliche Regelungen bei unwilligen Parteien bei der Gleichstellung nicht voran gehen wird." Die CDU Brandenburg sei zur alten Streitkultur zurückgekehrt, urteilte sie.
SPD-Generalsekretär Erik Stohn sagte, Senftleben habe sich verzettelt. "Er wollte mit den Linken koalieren, mit der AfD nach der Wahl reden, aber in keinem Fall mit dem amtierenden Ministerpräsidenten sprechen müssen", sagte Stohn am Sonntag laut Mitteilung. "Die eigene Partei hat seinem Treiben einen Riegel vorgeschoben." Dies erinnere an die alte "Schlachteplatte CDU Brandenburg", die vor allem für ihre Streitigkeiten bekannt gewesen sei. "Diese CDU ist alles andere, als regierungsfähig", meinte er.
Senftleben hatte die CDU zu Beginn des Parteitags mit einer kämpferischen Rede auf einen Sieg bei der Landtagswahl eingeschworen. "Ich habe Bock auf Brandenburg und ich habe Bock auf unsere Mannschaft." Senftleben machte erneut deutlich, dass er den amtierenden Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD) ablösen wolle.
Als Schwerpunkte seines Wahlkampfs nannte er unter anderem eine Politik für Familien sowie die Einstellung von mehr Polizisten und Lehrern. "Wenn eins wichtig ist: Dann ist das Schluss machen mit 30 Jahren rot-grüner Bildungspolitik", rief Senftleben. "Keine Experimente mehr an den Schulen in Brandenburg."
Als Gastredner hatte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) seine Brandenburger Parteifreunde mit einer aufmunternden Rede auf den Landtagswahlkampf vorbereitet. "Niemals aufgeben, bis zum Ende kämpfen - man kann Wahlen gewinnen, wenn man richtig Bock hat", rief Günther am Samstag den Delegierten auf dem Landesparteitag in Potsdam zu. Günther regiert seit zwei Jahren in Kiel in einer Jamaika-Koalition mit Grünen und der FDP.
Der 45-Jährige erinnerte daran, dass die CDU 2017 vor der Wahl in Schleswig-Holstein in Umfragen noch weit hinter der SPD gelegen habe. Diesen Umfragen dürfe man nicht zu viel Bedeutung beimessen, meinte Günther. "Das Erfolgsrezept war, dass wir alle an uns geglaubt haben." Günther ist Bundesratspräsident und übergibt das Amt am 1. November an Brandenburg. "Und das will ich dann an Ingo übergeben", sagte er mit Blick auf Senftleben.